Checkliste für den Wohnmobil-Kauf
Im Internet findet man diverse, zum Teil sehr ausführliche Checklisten für den Fahrzeugkauf. Wenn man Suchbegriffe eingibt, wie „Checkliste“ und „Fahrzeugkauf“, wird man schnell fündig.
Ich möchte diese Checklisten hier nicht wiedergeben oder eine neue erfinden. Ich gebe über diese Standardlisten hinaus nur Hinweise, worauf man bei einem Campingfahrzeug zusätzlich achten sollte, um wenigstens die schwerwiegendsten Fehler zu vermeiden:
1. Feuchtigkeit:
Feuchtigkeit im Fahrzeug kann teuer werden. Dies ist ein besonderes Problem dieser Freizeitfahrzeuge, wie es bei PKW im Allgemeinen nie vorkommt.
Zur Grundausstattung eines Campers gehört eigentlich ein Feuchtigkeitsmessgerät; siehe meinen Beitrag dazu. Außerdem sollte das Gerät eine Speichermöglichkeit haben. Muss man in den Staukästen oder in Unterschränken sowie anderen schwer zugänglichen Bauteilen messen, kann man oft die Skala nicht ablesen. Dafür muss eine Speichertaste zur Verfügung stehen, die man drückt, um dann einen Moment später das Gerät ablesen zu können.
Bei neueren Fahrzeugen besteht oftmals eine Dichtigkeitsgarantie des Herstellers. Diese legen pingelig Wert darauf, dass die Kontrollen streng nach Garantiebedingungen ausgeführt worden sind. Wichtig ist es also, die Garantiebedingungen wirklich genau zu lesen und mit den Eintragungen im Garantieheft zu vergleichen. Ergeben sich Zweifel, sollte man sich von dem Hersteller schriftlich bestätigen lassen, dass die Garantie noch besteht.
Die Annahme, bei Neufahrzeugen brauche man vor Übernahme keine Feuchtigkeitsmessungen durchführen, ist falsch. Ich habe mehrere Fahrzeuge von Mandanten „kennen lernen dürfen“, die schon im Auslieferungszustand nass waren. Also gehört es sich, dass man auch vor Abnahme des Neufahrzeuges eine gründliche Messung durchführt. Manche Neufahrzeuge sind am Tag der Übergabe auch schon „betagt“, standen also Monate lang beim Hersteller, bei Zwischenhändlern, Generalimporteuren oder dem Verkäufer herum. Warum sollten diese dichter sein als Gebrauchtfahrzeuge? Nicht nur theoretisch kann das „Neufahrzeug“ älter sein als ein junges Gebrauchtfahrzeug.
2. Gewicht
Die Gewichtsproblematik habe ich
anderweitig bereits beschrieben. Auch die Zuladungs- und Gewichtsproblematik ist eine Besonderheit dieser Fahrzeuge und bedarf daher auch besonderer Kontrolle vor der Übernahme und Bezahlung.
Bei den meisten Fahrzeugen stimmen die Gewichtsangaben von vorneherein nicht wirklich und entsprechen oft auch weder der StVZO noch der
EU-Verordnung. So werden fast immer irgendwelche Grundmodelle ohne Extras gewogen und die Gewichte in die Papiere eingetragen, nicht aber das individuell zusammengestellt Fahrzeug mit der gesamten Zusatzausstattung.
Zu verwiegen ist das konkrete Fahrzeug auf einer geeichten Waage.
Selbst
die Leergewichte in den Papieren stimmen vielfach nicht, warum auch immer. Die
vermeintliche Zuladung ist dadurch entweder nicht vorhanden oder stark
eingeschränkt.
Klarheit hat man also nur, wenn man das Fahrzeug auf eine Waage fährt, bevor man es bezahlt.
Auch sollte man Wiegescheinen der Hersteller zunächst nicht grenzenlos vertrauen. Kein Käufer, übrigens auch die Händler nicht, können wirklich wissen, in welchem Zustand das Fahrzeug auf der Waage war, bevor der Fahrzeugbrief erstellt wurde.
Zuletzt machen Sie möglichst viele Stromfresser auf einmal an und behalten die Ladeanzeige im Auge. Fällt diese rapide und schnell ab, können Sie davon ausgehen, dass entweder die Bordbatterien zu gering bemessen sind (zu wenig Ampere-Stunden), oder die Bordbatterien sind einfach defekt. Das ist so, wie der plötzliche Tod der PKW-Batterie nach dem ersten Frost. Die Batterie taugt nur dann etwas, wenn sie auch eine geraume Zeit eine größere Belastung aushält.
Machen Sie sich klar, dass bei den Versorgungsbatterien nur max. 60% der Ladekapazität entnommen werden können. Haben Sie eine zu 100 % geladene Batterie 85 AH für den Aufbau eingebaut, so reicht diese nur für 50 Ah Entnahmestrom. Das schafft man im Winter locker an einem Tag. Wird die batterie nur zu 80 % geladen, weil ein billiges Ladegerät eingebaut wurde oder die Batterie schon schwächelt, stehen nur noch 40 Ah zur Verfügung
Bei Lithium ist das etwas anders. da kann man ca. 95% der Ladung
entnehmen und sie laden sich zB mit Solar leichter wieder auf.
4. Sichtkontrolle
Es ist eine Binsenweisheit, dass man auch unter das Fahrzeug schaut, im Idealfall auf einer Grube oder mit Hilfe einer Hebebühne. Machen Sie es wie der TÜV-Mann: Klopfen Sie am Unterboden. Marode Stellen fallen auf diese Weise meistens auch ungeübten Personen auf.
Schauen Sie sich die Matratzen und Sitzkissen auch von unten an.
In den Ekcen des Alkovens bildet sich gerne Kondensat. Schauen Sie unter den
Lattenrost, soweit vorhanden. Schauen Sie auch in alle Staukästen wirklich hinein. Um die Dichtigkeit der Klappen und Türen zu testen, kann man eine Taschenlampe in die Klappe stellen und anschließend schauen, ob Licht durch den
Rahmen der Klappe fällt. In Heckgaragen kann man hineinkriechen, anschließend Türe schließen lassen und schauen, ob Licht durch die Dichtungen fällt.
5. Fahrzeugpapiere
Nicht nur der Brief und der Schein des Fahrzeuges sind wichtig. Sämtliche Zusatzgeräte haben Bedienungsanleitungen und teilweise Garantieurkunden. Der gelbe Schein für die 2-Jährigen Gasprüfungen muss dabei sein (Wann war die letzte Gasprüfung?). Diese müssen mit übergeben werden, sonst entsteht schnell ein Problem bei der Bedienung oder später bei der Wartung oder Ersatzteilbeschaffung
oder dem TÜV. Für die Ummeldung muss der letzte TÜV-Bericht vorliegen.
Ordentliche Verkäufer und oder Vorbesitzer haben alles in einer Mappe abgeheftet oder in einem Umschlag zusammengefasst. Fehlen Dokumente, behalten Sie einen gehörigen Teil des Kaufpreises bis zur Nachlieferung ein. Der Verkäufer muss schließlich einen Anreiz haben, die Beschaffung vorzunehmen und Ihnen die Unterlagen nachzuliefern. Bei 50,- € könnte es Ihnen passieren, dass er darauf pfeift und sich keine Umstände mehr macht. Dies gilt natürlich sinngemäß auch für alle anderen Fehler, die noch behoben werden müssen.
6. Fahrzeugalter
Nicht nur bei PKW, sondern insbesondere bei Campingfahrzeugen kommen sog. „Steher“ vor. Das sind Fahrzeuge, die lange unverkäuflich und oder beim Hersteller des Aufbaues lange herumstanden, bis sie endlich fertig produziert worden waren. Zwischen der Anlieferung des Fahrwerkes mit Führerhaus und der Fahrzeugtechnik und dem Fertigstellen des Wohnmobilaufbaues (Caravanaufbaues) können viele Monate oder gar Jahre vergehen. Dann ist zwar die Erstzulassung gerade erst erfolgt oder wird für Sie erstmals vorgenommen, jedoch ist das Fahrzeug zu dieser Zeit schon recht alt. Ich hatte einen Fall zu bearbeiten, bei dem zwischen der Herstellung des Basisfahrzeuges Fiat Ducato und der Erstzulassung des fertigen Wohnmobils sage und schreibe mehr als 4 Jahre lagen! Der Erstkäufer hatte also einen Motor, ein Führerhaus, ein Getriebe, Stoßdämpfer usw., die alle schon 4 Jahre älter waren, als der Tag der Erstzulassung. So etwas müssen Sie vermeiden, und das ist recht einfach mit „Hausmitteln“ möglich.
An den Reifen durch die DOT-Nummern, den Produktionskürzeln der Fahrzeugscheiben des Führerhauses, Plastikteilen des Basisfahrzeuges und manchmal auch dem Fahrzeugbrief lassen sich die Monate der Produktion schon recht gut eingrenzen. Ich habe das in den obigen Beiträgen beschrieben.
Im CoC-Papier des Chassishersteller steht das Datum, wann das Chassis fertig
war. Im 2. CoC-Papier der Aufbauherstellers steht das Datum, wann das
Wohnmobil komplett war. Das sind also gut Kontrollmöglichkeiten, die schon
vor dem Kauf zur Verfügung stehen, wenn man nur hineinschaut.
Noch besser ist es, man lässt sich rechtzeitig vor der Übernahme die Fahrgestellnummer des Basisfahrzeuges durchgeben. Damit geht man zur nächsten Vertragswerkstatt des jeweiligen Herstellers. Dieser kann mit wenigen Mausklicks das Herstellungsdatum abfragen. Oftmals erfährt man dadurch auch schon, ob Rückrufaktionen waren und bei dem Fahrzeug durchgeführt wurden oder überfällig sind, ob und wenn ja welche Wartungsarbeiten auf Garantie bereits durchgeführt worden sind oder gar, ob das Fahrzeug vielleicht gar nicht „existiert“, sondern die Fahrgestellnummer und der dazugehörige Brief womöglich gefälscht sind (so eine Sache hatte ich tatsächlich vor einiger Zeit).
7. Probefahrt
Natürlich macht man vor der Übernahme und der Bezahlung eine Probefahrt. Nur so kann man ungewöhnliche Geräusche, Klappern, Leistungsmängel u. dergl. überhaupt feststellen. Nehmen Sie eigene Kurzkennzeichen zum Abholtermin mit, dann kann der Verkäufer die Probefahrt nicht damit ablehnen, er habe gerade keine roten Kennzeichen zur Hand.
8. Zulassung
Fahren Sie mit Kurzkennzeichen zum Abholtermin. Vermeiden Sie es, vor der Übernahme bereits das Fahrzeug auf sich zuzulassen, was insbesondere bei Neufahrzeugen gerne gemacht wird. Es entstehen durch eine vorherige „richtige“ Zulassung gleich mehrere Probleme, die man vermeiden sollte:
Der Brief bekommt einen weiteren Haltereintrag. Dies wird für den Fall der Nichtabnahme mindestens zu psychologischen Problemen auf Seiten des Verkäufers führen, Sie aus dem Vertrag zu entlassen, weil er finanzielle Nachteile fürchten muss. Der Verkäufer muss nämlich dem nächsten Käufer erklären, warum ein Kurzeintrag für einen anderen vorherigen Halter vorhanden ist.
Sie setzen sich mit einer solchen Zulassung selbst unter einen nicht zu unterschätzenden psychischen Druck, das Fahrzeug doch abzunehmen, auch wenn es mangelhaft ist. Besorgt man sich zunächst Kurzkennzeichen, ist man freier und behält sich die letzte Entscheidung auch optisch erkennbar offen. Das stärkt den Rücken und die Verhandlungsposition.
Der Kostennachteil ist minimal. Die Kurzzeitversicherung (ca. 100 €) wird von fast allen Versicherern angerechnet, wenn es ein paar Tage später zur endgültigen Umschreibung kommt. Die weiteren Beträge sind mit ca. 50,- € schnell zusammengefasst und spielen wirklich keine Rolle.
9. Gutachter
Wenn Sie das alles für zu mühsam erachten, selbst keine wirklichen Kenntnisse von den Campingfahrzeugen haben, weil sie Neuling sind, keine Zeit, keine Lust oder andere Gründe haben, diese Übernahmeuntersuchung selbst durchzuführen, dann empfehle ich Ihnen, eine Ankaufuntersuchung durch einen Gutachter vornehmen zu lassen. Das kostet nicht viel und erspart viele Mühen und Zeit, manchmal auch erhebliche Kosten.
Diese Methode habe ich auch schon wiederholt angewendet, wenn ein interessantes Fahrzeug gekauft werden sollte, welches sehr weit weg von meinem Wohnsitz zum Verkauf stand. Ich habe dann einen geeigneten Gutachter aus den mir vorliegenden Listen ausgewählt und beauftragt, das Fahrzeug für mich in Augenschein zu nehmen. Oftmals erledigte sich auf diese Weise bereits die eigene Besichtigung, weil erhebliche Mängel festgestellt wurden. Auf diese Weise habe ich mindestens einen Tag und den ganzen Aufwand für die Besichtigung gespart. War der Check des Gutachters positiv, konnte ich ziemlich entspannt der Übernahme entgegensehen und hatte nur noch geringe eigene Dinge festzustellen, um das Fahrzeug dann schlussendlich mitzunehmen.
Diese Methode hat einen weiteren Vorteil: Durch die Bezahlung des Honorars an den Gutachter, natürlich auf der Grundlage einer ordentlichen Rechnung (!), kommt ein Dienstleistungsvertrag zustande. Verrichtet der Gutachter diesen Dienst mangelhaft, übersieht also gravierende Mängel, haben Sie neben dem Anspruch auf Sachmängelhaftung gegen den Verkäufer auch einen Schadensersatzanspruch gegen den Gutachter. Dieser wiederum lässt den Schaden dann über seine Haftpflichtversicherung regulieren, trägt allenfalls einen kleinen Eigenanteil. Haben Sie von Privat gekauft und wurde die Sachmängelhaftung wirksam ausgeschlossen, dürfte dieser Anspruch sogar der Einzige sein, der für Sie werthaltig ist. Dieses Honorar ist also doppelt gut angelegtes Geld.
10. Keine Hektik
Die wichtigste Kontrollfunktion spielt sich in Ihrem
Kopf ab. Verhindern Sie jede Hektik. Nehmen Sie sich Zeit. Kündigen Sie dem Verkäufer bereits an, dass es länger als 10 Minuten dauern wird und dass Sie erwarten, dass Ihnen jemand zur Seite gestellt wird, der Funktionen erklären kann und Protokolle ausfüllen darf. Bestehen Sie auf Tageslicht oder einen gut beleuchteten Übergabeplatz. Wenn Sie Dinge übersehen, die Sie hätten sehen müssen, haben Sie keinen Gewährleistungsanspruch oder geraten bereits in die erste Beweisnot.
11. Zeugen und Beweise
Oftmals scheitert die Durchsetzung von Ansprüchen daran, dass man bestimmte Zusagen oder Tatsachen nicht beweisen kann. Zusagen gehören grundsätzlich in den Vertrag oder das Übergabeprotokoll. Wenn jemand gerade etwas zusagt, kann er realistisch nicht gleichzeitig ablehnen, es auch aufzuschreiben.
Für die Dinge, die man nicht alle aufschreiben will oder kann ist ein fachkundiger Zeuge gut. Dieser sollte an dem Fahrzeug kein Eigeninteresse haben und nicht nah verwandt sein. Der Zeuge sollte von wichtigen Vorkommnissen ein Gedächtnisprotokoll schreiben, und zwar möglichst zeitnah. Das macht Monate, manchmal Jahre später seine Aussage besonders glaubhaft.
Bestimmte Vereinbarungen oder Zusagen, die man nicht mehr schriftlich fixieren konnte, bestätigen Sie kurzfristig schriftliche gegenüber dem Vertragspartner. Das ersetzt zwar nicht den vollen Beweis, hat aber große Indizwirkung. Wie man solche Schreiben zustellt, steht in dem besonderen Beitrag „Wie stelle ich eine Willenserklärung zu“.
12. Unmögliches wird nicht geschuldet
Machen Sie sich bitte klar, dass die Campingfahrzeuge zu einem großen Teil in Handarbeit hergestellt werden und aus unzähligen Einzelteilen bestehen. Ebenso, wie es kein wirklich mangelfreies Haus gibt, wird es kein vollkommen mangelfreies Wohnmobil oder Caravan geben. Seien Sie bei Kleinigkeiten großzügig aber bei gravierenden Mängeln kleinlich. Mit dieser Einstellung werden Sie ein gebrauchstaugliches Fahrzeug erhalten und verlangen von dem Verkäufer nichts, was er nicht leisten könnte.
© RA Ulrich Dähn, Bad Hersfeld
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